Samstag, 5. Oktober 2013

Kulturkonstante

Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Die bleiben immer gleich - egal, wo man sich aufhält, mit wem man sich umgibt und in welchem Jahrhundert man sich zufällig befindet. Bei den ersten beiden liegt das wohl daran, dass man sich selbst ja immer mitnimmt und damit ein großer Teil der Situation konstant bleibt. Das Dritte allerdings ist ein großes Mysterium - Dinge, die über Generationen gleich bleiben, ohne Ansehen der Person. Ich rede jetzt nicht von grundlegenden menschlichen Eigenschaften wie Rachsucht, Grausamkeit und Eitelkeit oder dem ganzen Kram. Ich meine ganz konkrete Dinge, die ganz anders sein könnten, tatsächlich aber immer gleich sind, sobald die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Wie die Tatsache, dass die Einkaufstüten für Tiefkühlprodukte immer an der Wand der Kellertreppe hängen, wenn es einen Keller gibt. Bei meiner Oma gab es darüber noch eine Ablage für gereinigte Klarsichttüten aus der Fischabteilung von Huma - das war in den 70ern und frühen 80ern sowas wie die Metro für Privatpersonen.
Der Wocheneinkauf bei Huma hatte immer ein großes Highlight, nämlich den Fischkauf. Da schwammen die Forellen und Karpfen in großen Glasbassins. Man zeigte auf die Tiere, die man haben wollte, sah wie sie mit dem Käscher aus dem Wasser geholt und - für alle sichtbar - geköpft und ausgenommen wurden. Blutige Sache, ziemliche Sauerei. Aber der Fisch WAR frisch. Eindeutig. Und alle fanden es ok. Heute würde Greenpeace mit 'nem Schlauchboot vorfahren, den Kinderschutzbund im Schlepptau. Zu enge Bassins, traumatische Eindrücke für Kinder, kurz: Barbarei. Und mal ehrlich:  keiner macht sich auch heute mehr die Mühe, die Fischtüten zu spülen, zu trocknen und sauber im Kellerabgang akkurat aufzustapeln, um bei nächster Gelegenheit altbackene Brötchen darin zu Paniermehl zu zermahlen. Lieber nachhaltige Produkte kaufen.
Worauf ich aber hinaus wollte, ist die Konstante in all der Veränderung. Die Tüte für TK-Ware an der Kellertreppe zu deponieren. Bei Oma und jetzt bei mir. Gut - die Humatüten fehlen noch. Aber sonst gleiches Bild. Krass ist: ich habe sie da gar nicht hingehängt, sondern Herr Zumbrechenflexibel. Der kannte meine Oma gar nicht. Er hätte die Dinger also überall hinhängen können. Hat er aber nicht. Sie haben ihren Platz auf der rechten Seite der Kellertreppe bekommen. Als wäre es ein Naturgesetz: Wenn es in einem Haushalt gleichzeitig Thermotüten (A) und Kellertreppen (B) gibt, hängt A an B. Keine Diskussion.
Und wenn der Müll abgeholt wird, vergessen wir am Vortag die Tonne rauszustellen. Das war in Berlin so. Das bleibt auch im Rheinland so. Aber das ist wohl eher wieder so'n "man-nimmt-sich-halt-immer-selbst-mit-Ding". Aber auch das ist eine Konstante.
Schön.

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