Sonntag, 30. Juni 2013

Party Party Party

Ein Mensch kriegt eine schöne Torte.
Drauf stehn in Zuckerguss die Worte:
"Zum heutgen Geburtstag Glück!" [...]

Das Glück", das "heu",
der "Tag" verschwindet,
Und als er nachts die Torte findet,
Da ist der Text nur mehr ganz kurz.
Er lautet nämlich nur noch: ..."burts" ...
Der Mensch, zur Freude jäh entschlossen,
Hat diesen Rest vergnügt genossen.

So. Geschafft! Die letzte Party im jährlichen Feiermarathon ist durch. Seit gestern. Puh. Jetzt erst mal abschalten, Füße hoch und den letzten Rest Alltag genießen. Denn neben dem Geburtstag von Herrn Zumbrechenflexibel haben wir im Kreis lieber Freunde auch so eine Art Abschied gefeiert. Abschied von Berlin (jaja - Rheinland ist auch gut), von dem Haus (jaaahaaa! Das andere ist auch schön und noch viel größer. Gehört aber nicht mehr uns. Doof.) von unseren ursprünglichen Plänen für die nächsten Jahre (wer macht so'n Quatsch auch?! Blanker Unverstand. Wohl auch noch eine Altersvorsorge abschließen, was?) und von dem gewohnten Rhythmus der Geselligkeit. Denn ab jetzt sind die Wochen hier endgültig gezählt und die Zahl der ungezwungenen Zusammenkünfte damit auch. Es ist ja nicht so, als hätten wir uns dauernd gesehen. Wirklich nicht. ABER wir hätten KÖNNEN, wenn wir denn GEWOLLT hätten. Wollten aber nicht, und jetzt haben wir den Salat. Toll. 

Bevor ich mich jetzt in der tiefgründigen Betrachtung der Feier an sich verliere - erst mal ganz herzlichen Dank an alle Gäste: Es war wirklich schön, dass ihr da wart. Und die, die nicht konnten: ihr habt uns gefehlt. 

Und jetzt mit Volldampf in eine neue Zeit. Also - in die nächsten drei Jahre. Irgendwie habe ich mich so an diesen Rhythmus gewöhnt, dass es irgendwie beruhigt, sich vorzustellen, dass für die nächsten drei Jahre wieder alles in absehbaren Bahnen läuft. Bekannte Strukturen fühlen sich einfach gut an - und wenn es nur raumzeitliche sind. Wie eben drei Jahre an Ort X zu verbringen. Das vermittelt diese Gewissheit, sich im Universum wenigstens auf einige Dinge verlassen zu können. Nämlich, dass sich alle drei Jahre irgendwas grundsätzlich ändert. Schön. 

So gesehen war die Party eher ein Fest im Sinne der Altvorderen, die zu einem festgesetzten Zeitpunkt wie Weihnachten, Ostern, Sommersonnenwende oder in unserem Fall ganz profan der Geburtstag, Raum für die Begegnung mit Gott geschaffen haben. Naja. Jedenfalls einen Zeitraum, in dem der Alltag Pause hat und der Mensch, vorübergehend von seinen Lasten befreit, durchatmen und einen Schritt zurücktreten kann, um die Dinge in einem größeren Kontext zu betrachten. Finde ich gut: Pause. Großer Kontext. SUPER! Zum Beispiel im Jahreslauf oder im Lebenslauf. Wikipedia schreibt dazu "Feste und Feiern gliedern die Zeit in Zyklen, Perioden und Rhythmen, womit die Menschen sich Zeit und Leben handhabbar zu machen suchen (vgl. Feiertag und Feierabend)." 

Ich würde die Zeit auch gerne handhabbar machen. So zum in-die-Tasche-stecken-und-bei-Bedarf-mal-vorkramen. Denn dieser Tage kommt es mir vor, als liefe das Leben im Zeitraffer. Alles, worauf andere ein ganzes Leben verwenden, flutscht bei uns immer so in drei Jahren durch. 

"Oh - ich glaube, ich mache mich selbstständig. Und weil alles andere langweilig ist, mache ich das nicht hier, wo ich mich auskenne, sondern einfach mal ganz woanders. Warum ziehe ich dazu nicht vom Rhein an die Werse? Vom Rhein- ins Münsterland?" Selbstständigkeit in fremder Stadt ohne Anfangskontakte aufgebaut und ansehnliche Umsätze erzielt: CHECK.
 

Nach drei Jahren:  

"Huch, Kind Nr.1 ist da und wir ziehen von der Werse an die Spree. Nagut. Arbeite ja eh von zu Hause. Wird schon nochmal klappen." ... Naja.

Nach drei Jahren:
 

"Mist. Bude ist jetzt zu viert doch etwas eng. Wir brauchen Platz. 1.Kaufen wir doch ein modernes Einfamilienhaus am Stadtrand, 2.pflanzen wir doch einen Baum und 3. zeugen wir doch einen Sohn."Punkt eins: CHECK. Punkt zwei: Baum war schon da, also auch: CHECK. Punkt drei: haben wir schon im Handgepäck. CHECK. Alles abgearbeitet. 

Zeit für die nächste Runde. 

"Och. Lass uns doch die scheiß Wochenendfamilie zwischen Rheinland und Spree aufgeben und wieder so richtig was zusammen machen, ja?"
"O.K. Verkaufen wir das Haus und ziehen von der Spree an den Rhein." CHECK 

Um es auf den Punkt zu bringen: Wir haben jetzt so aufs Ganze bezogen statistisch die Hälfte rum, aber die bürgelrlichen Lebensaufgaben schon fertig. Gut. Jadoch! Jaaha - ich gebe zu, wir haben hier und da eine Abkürzung genommen, ABER: wird sind damit durch. Haken dran.

Was könnte denn jetzt noch kommen? Keine Ahnung... Vielleicht mal sowas wie gääääähnende Langeweile. Oder Routine. Oder wir bleiben einfach mal da, wo wir jetzt hingehen. DAS KLINGT GUT.

Wir sprechen uns in drei Jahren nochmal, soviel ist sicher.

Freitag, 28. Juni 2013

Käufer ahoi!

Immobilienverkauf - ein großes Geschäft.
Gut wer früh die Weichen stellt
.
Ich möchte meinen Sermon über Immobilienmakler nicht nochmal absondern, dass ich auch gerne einer wäre und für quasi nix ein Jahresgehalt abgreifen möchte und so. Ok, der Makler hat immerhin seine Fotos und MEINEN Text zu Werbezwecken ins Internet gestellt, selbstredend nachdem er ihn verstümmelt hat. Tut mir nicht weh, bin ich gewöhnt, wollte das nur mal sagen...

Jedenfalls habe ICH gestern Abend die höchstwahrscheinlichen Käufer unseres Hauses einfach mal vor dem Tor abgegriffen. Ein jungdynamischer Grundschullehrer, der seine Mutter zu einer Wohnungsbesichtigung in der Nähe begleitete und dabei ZUFÄLLIG an unserem Haus vorbei kam, das er im Internet als käuflich ausgemacht hatte. Ich hatte Zeit und hätte ihn auch gleich so mal durchgeführt. Dem hat unser Kind Nr.2 aber einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht. Es war einfach unausstehlich und hat sich von seiner lautesten Seite gezeigt, hat in der Einfahrt 'nen Schneeengel ohne Schnee gemacht, sodass wir die Führung auf heute verschoben haben, zumal die Mutter des potenziellen Käufers wegen ihres eigenen Termindrucks wohl auch gerade einen Schneeengel gemacht hat. Innerlich. Bei Erwachsenen sieht man das als Unbeteiligter ja nicht mehr so genau. Der Sohn hat sich jedenfalls gerne vertagt und ist heute mit Frau und Kind Nr.2 erschienen, nachdem ich noch schnell alle alten Socken verbrannt und das schmutzige Geschirr im Kamin versteckt habe. 

Um es kurz zu machen: Die waren begeistert und wollen das Haus haben. Die Dokumente, die sie für ihre Bank brauchen, habe ich ihnen gleich gegeben und die Makler informiert, dass sie ihre - ... - Arbeit wahrscheinlich bald einstellen können, weil sich Käufer gefunden hätten, mit denen sie jetzt nur noch den Vertragskram zu machen brauchen. Statt sich jetzt aber bei mir zu bedanken, dass ich ihnen die Sache noch weiter abgekürzt habe, ist die Dame irritiert und belehrt mich leicht beleidigt, dass das ja ein sehr "ungewöhnliches Herangehen" ist und doch eigentlich alles über sie gehen sollte. Da könne ja praktisch JEDER kommen und sich das Haus angucken. Wo sie Recht hat, hat sie Recht. So hatten wir uns das gedacht. Sehr ungewöhnlich. Ja, gute Frau! Jetzt mal ernsthaft: Es ist mehr als fünf Wochen her, dass Ihr Chef hier war und seitdem ist von Ihrer Seite fast nix passiert. Und wir haben es eilig. Was? Ach so! Ja! Stimmt. Tschuldigung. Nix machen ist ja Ihre Kernaufgabe. Hatte ich gerade vergessen.

Ich fasse die Leistung des Maklers jetzt mal zusammen. 
  • eine Stunde Chefberatung mit unterirdischer Preisansage
  • anderthalb Stunden angestellter Makler mit selbstgedruckter Fotolizenz und geschmacklosen Schuhen vorbei schicken
  • Exposéentwurf auf Praktikantenniveau einreichen
  • Fotos und verkrüppelten Text online stellen
  • nach zwei Tagen die Anzeige deaktivieren, weil einem die Interessenten die Bude einrennen
Dafür am Ende knapp 30.000 Euro kassieren. Das muss ein Unternehmensberater erstmal nachmachen. Da wird sogar Kienbaum  grün vor Neid. Ich auch.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Es wird ernst.

Löffel: von meiner Oma
Tasse: meine Kindergartentasse
Teesieb: hat das Haus produziert
Bisher war ja noch alles voll virtuell - Haus mieten, Kita-Platz finden, Schulkind ummelden, Makler bestellen. Ging fast alles per Telefon. Ohne Menschen sehen zu müssen. Aber jetzt wird es langsam sowas wie ernst. Heute war der Umzugsunternehmer da, um unser Habe in Augenschein zu nehmen und seinen Transfer zu kalkulieren. Die gute Nachricht: Wir bekommen den Full-Service mit ein- und auspacken UND Entrümpelung. Das schrumpft die eigentliche Wanderung auf vier Tage. Und das Einzige, was wir dabei zu tragen haben, ist die Verantwortung für die allgemeinen Lebensrisiken. Die schlechte Nachricht: Dann sind wir weg. Also wir alle. Und Berlin ist für uns dann auch weg. Mist.

Aber wir haben eine gewissen Routine im Wegwerden entwickelt, sodass wir mit sehr leichtem Gepäck reisen. Der Hausstand ist dank vieler Umzüge überschaubar. Gut - es würde wahrscheinlich viele Kamele brauchen, um ihn wegzuschaffen, aber wir haben keinen Keller, keinen Dachboden und die Garage ist zu 80% mit unserem Auto und dessen Winterreifen gefüllt. Außerdem muss keine Einbaukücke zerlegt werden. 

Aber das Verschwinden erschöpft sich ja nicht im Material. Freundschaften und Bekanntschaften bleiben auf der Strecke, liebgewonnene Institutionen wie die Übernachtungsparty beim Kinderarzt (wenn es mal wieder länger dauert) entfallen und die vertrauten Wege werden wieder für neue verlassen. Das ist echt schade. Da beneide ich die echten Nomaden dafür, dass die wenigstens ihre Sippe und den Medizinmann immer mit dabei haben. Ja stimmt - JA! Kann auch nerven. Sehr sogar. Aber im Großen und Ganzen macht es das Leben doch einfacher, wenn man sich nicht dauernd neu vorstellen muss, sondern bekannt ist. Spart Worte, Zeit und Nerven. Um beim Kinderarzt zu bleiben, wissen die bei Kind Nr.1: "Mal gucken, welche der aktuellen Seuchen diesmal aufgesprungen ist." Bei Kind Nr.2 kommt nur das übliche Schulterzucken, weil es immer disselbe Geschichte ist, deren Ursachen im Dunkeln liegen und die "sich wahrscheinlich irgendwann mal auswächst". Auf der neuen Weide müssen wir da erstmal wieder hinkommen.

Jetzt heißt es aber erstmal packen. Ich habe auf einem Immobilienportal geschaut, wie viele Kartons die für unsere Haushaltsgröße veranschlagen: genau 123. Wüsste gerne, wie viele Kamele man damit beladen muss - trägt jedes sechs Kisten? Dann bräuchten wir 21 Kamele allein für die Kisten. Was ist der limitierende Faktor - Gewicht oder Volumen? Sprich: Bricht so'n Vieh zusammen, wenn es sechs Bücherkisten schleppen muss? Wie sähe diese Karawane wohl auf der A2 so kurz vor Hannover aus? Bei Stau könnten die wenigstens im Passgang zwischen den Autos durchschaukeln. Aber die vier Tage werden dann wahrscheinlich gerissen. Naja. Auch die echten Nomaden setzen mittlerweile auf LKWs.

Mittwoch, 26. Juni 2013

"Die Mütter von heute werden auch immer blöder!"

Weil heute mal nichts Aufregendes passiert ist - jaja! ich kann es selbst kaum fassen - kann ich mir heute mal den Luxus leisten, mit den Gedanken in die Vergangenheit zu schweifen und dort nach den Unmöglichkeiten zu forschen, mit denen man sich heute als multioptionaler Superfrau konfrontiert sieht, sobald man sich mit (seinen) Kindern in der Öffentlichkeit sehen lässt.

Das sind 1. die - sagen wir, sich selbst in die Andere  - Projektionen der älteren Geschlechtsgenossinen, 2. die vollkommen idiotischen Fehleinschätzungen der älteren Herren gegenüber den Müttern (zur Erinnerung: Das sind in der Regel erwachsene Frauen, die ihr Leben bis zum Zeitpunkt der Geburt UND DARÜBER HINAUS sehr gut selbst im Griff hatten, über einen normalen IQ verfügen und auch sonst dieselben kognitiven Fähigkeiten besitzen, wie der Rest der Menschheit auch. Über die kognitiven Fähigkeiten des Rests der Menschheit möchte ich mir an dieser Stelle kein Urteil erlauben) und zu guter Letzt Übergriffe beider Lager gegenüber den Kindern (3.). Alles sind Ereignisse, die sich tatsächlich GENAU SO zugetragen haben. Ich war dabei.

Fangen wir der Ordnung halber mit 1. an - Projektionen alter Schachteln, die den jungen Frauen offenbar Verstand, Hirn und Hörvermögen absprechen. Ich stand - es ist schon etwas her, denn Kind Nr.1 war noch vollkommen alleine und unangefochtenes Familienoberhaupt - mit Kinderwagen und Freundin - ebenfalls mit Kinderwagen - an einer Ampel und unterhielt mich mit ihr. Also mit der Freundin. Es ging zwar nicht um die Dinge, die die Welt im innersten zusammenhalten, aber weil wir beide nicht doof sind, ging es um normale Sachen, die man sich eben so unter einer Ampel mit Kinderwagen im Anschlag erzählt. Hinter uns kommen zwei alte Frauen zum Stehen, hören uns wohl einen Satz lang zu. Dann sagt die eine zur anderen: "Die Mütter von heute werden auch immer blöder!" Ich drehe mich um, beide sehen weg. Was soll man da sagen? Ich weiß bis heute nicht, ob sie uns meinte. Darf man in diesen Fällen zu körperlicher Gewalt greifen, um ein Geständnis zu erzwingen? Ich bin mir nicht sicher. Ich fände es aber angemessen.

Andere Situation. Wir springen direkt zu Zumutung Nr. 3: Kind Nr.1 ist immer noch alleine, weit unter drei und liebt seinen Nuckel. Einen knallpinken Nuckel. Damit läuft es gerne auch auf der Straße herum und entspannt sich beim Nuckeln. So auch an diesem sonnigen Nachmittag auf dem belebten Weg zur Promenade am Seeufer. Auf einmal stürzt eine hagere, gefühlt drei Meter hohe Frau fortgeschrittenen Alters auf mein Kind zu, klappt in der Mitte nach vorne, hackt mit einem arthritisch verkrümmten Finger nach dem bonbonfarbenen Nuckel und kreischt "IIIIIIIiiiiiiieh! Was ist denn DAAAS?" Kind Nr.1 bleibt vollkommen entsetzt stehen, erstarrt zur Salzsäule und guckt diesen Wirklichkeit gewordenen Albtraum an wie ein Kaninchen die Schlange. Nach einer Schrecksekunde finde wenigstens ich die Sprache wieder und blaffe die an "Haben Sie noch alle Latten am Zaun? Wie kommen Sie dazu, mein Kind anzufassen??!" Hallo, alte Tante mit massiver Borderline-Störung: Geht's noch? Selbst WENN du in deiner Zeit gelernt hast, dass man Nuckel nach dem ersten Geburtstag bei Vollmond im Garten vergräbt, ist das heute vollkommen unerheblich und kein Grund fremder Leute Kinder zu traumatisieren. Und die Mütter gleich mit.

Und jetzt als Krönung Zumutung Nummer zwei - hässliche alte Säcke, die wahrscheinlich nie in ihrem Leben auch nur zehn Minuten die alleinige Verantwortung für ein kleines Kind getragen haben und einem trotzdem in aller Öffentlichkeit klarzumachen versuchen, dass man eine Bankrotterklärung für die zivilisierte Gesellschaft ist, das gezeigte Niveau sich von dem der Familie Flodder nicht unterscheidet und die Kinder der offensichtliche Beweis für das totale Scheitern der doofen Mutter sind. Die Situation: Kind Nr.2 liegt vollkommen harmlos auf dem Rücken im Kinderwagen und bleibt dort in der Obhut einer Freundin. Deren Kind rast unterdessen mit meinem Kind Nr.1 in die Selbstbedienungsbäckerei, um sich dort einen Mini-Hefezopf mit Hagelzucker zu "kaufen". Beide sind außer Rand und Band. Mein Kind, weil es soeben erfahren hat, dass es sich seinen Hagelzuckerzopf teilen soll. Es bekommt einen Tobsuchtsanfall und brüllt den ganzen Laden zusammen. Das andere Kind hat gerade total Spaß, weil es erkannt hat, dass ihm meine absolute Aufmerksamkeit sicher ist, wenn es alle Klappen öffnet, um die dahinter liegenden Backwaren mit seinen kleinen, furchtbar schmutzigen Kindergartenfingrchen anzugrapschen. Wir fassen zusammen: Baby draußen, Kind Nr.1 brüllt und schmeißt sich hin, weil es nur einen halben Hefezopf bekommt und das andere Kind witscht wie ein Derwisch durch die Szenerie und kontaminiert eine maximale Anzahl von Backwaren mit seinen Keimen. Ich versuche, den katastrophalen Einkauf so schnell wie möglich abzuwickeln, Kind Nr.1 und seinen Bundesgenossen einzusammeln und das Geschäft wieder zu verlassen, da sehe ich, wie an einem Kaffeetisch des Billigbäckers ein älterer Herr mit Pilotensonnenbrille, Fönwelle und Pelzkragen auf der billigen schwarzen Lederjacke DEMONSTRATIV und HOCHFREQUENT den Kopf schüttelt und dabei verächtlich lachend in seine BZ glotzt. Ich gehe zu seinem Tisch, hocke mich auf seine Augenhöhe und frage "W.A.S.???" Er schüttelt den Kopf weiter und zischt in seine "Zeitung": "Sie haben ihre Kinder ja überhaupt nicht im Griff..." Glücklicherweise erinnere ich mich in diesem Moment an einen Satz, den meine Schwiegermutter blöden Mitmenschen in solchen Situationen entgegenschleudert und wende ihn auch an. Mit derselben Taktik. Ich bleibe auf seinem Niveau, also mit Blick auf die Körperhöhe, komme ihm unangenehm nahe, sehe ihn unmittelbar an und sage :"Na glücklicher Weise ist Ihre Meinung hier gerade überhaupt nicht gefragt." Richte mich auf und verlasse das Geschäft.

Mädels, lasst euch von solchen Leuten bloß die Laune nicht verderben. Es ist WIRKLICH gut und durch nichts zu ersetzen, sich JETZT einen schlagfertigen Satz zu überlegen, den man immer parat hat und seinen lieben Mitmenschen im Bedarfsfall entgegenschleudern kann. Man wirkt souverän, schlagfertig und rächt sich gleichzeitig für die unverschämten Übergriffe. Die können sich warm anziehen. ALLE.

Dienstag, 25. Juni 2013

Das Haus verliert nichts

Es ist doch alles da! Man muss nur mal ein bisschen suchen.
Das hat meine Oma immer gesagt. Diese alten Gewissheiten klingen gut. So beruhigend: einfach davon ausgehen zu können, dass selbst im größten Chaos doch noch alles da ist und sich nicht in Luft aufgelöst hat. Zwar signalisiert das Auge: "Gib auf! Die Situation ist hoffnungslos! Es ist weg." Aber das Herz weiß: „Alles wird gut.“ Egal wie zugemüllt der Schreibtisch ist, das angemahnte Knöllchen ist BESTIMMT irgendwo da. Oder die Garantiekarte. Oder der Kontoauszug, mit dem man die Fehlbuchung nachweisen kann. Muss doch auch - würde ja niemand wegschmeißen. 

WÜRDE DOCH NICHT, ODER??? 

Das Haus verliert nichts - eine erlösende Verheißung für alle Rechtshemisphäriker wie mich, deren Ordnung mehr organisch als stringent ist. Besonders in Situationen, in denen ein Vierpersonenhaushalt mit einem Rutsch quer die Republik verfrachtet wird. Und ein Hauskauf rückabgewickelt, sowie ein Hausverkauf möglichst geschmeidig abgewickelt werden soll. Dazu die Ab- und Ummeldung bei allen Versorgern, Versicheren und anderen Kostenstellen. Das ist wie Steuererklärung, Zahnarzt und TÜV auf einmal. Ein Alptraum! Und dahinein scheint Omas Spruch dann wie ein warmes Licht in der dunklen Nacht.

Wenn das Haus nichts verliert, dann muss man einfach nur lange genug suchen, um zu finden. Man sollte sich aber gut wappnen. Nicht, weil die Suche länger dauert, als geplant. Wenigstens DAS weiß sogar ich vorher. Nein! Man muss sich seelisch auf all das vorbereiten, was man so findet, obwohl man es gar nicht gesucht hat. Andere Rechnungen zum Beispiel. Oder Belege, die man auf einen Haufen gestapelt hat, weil man einfach keine Idee hatte, wo man sie sinnvoll abheften sollte. So habe ich heute den Antrag auf die Zuteilung neuer Mobile-TANs für ein Konto wiedergefunden, das seit 6 Jahren brach liegt. Damals hat man noch Auszüge bekommen. Inzwischen muss man sich die selber Online abrufen. Meine TAN-Liste ist aber schon seit 4 Jahren abgelaufen und die Seite ist umgezogen. Um die neuen, modernen, glänzenden Mobile-TANs zu bekommen, musste man ein Antragsformular ausfüllen und an die Bank schicken. Ausgefüllt habe ich es, allein abgeschickt noch nicht. Datum der Unterschrift: 5. April 2012. Ich werde das jetzt einfach mal abschicken und gucken was passiert. Möglicherweise bekomme ich es ja zurück mit dem Vermerk „unbekannt verzogen“ oder „verschwand mit Ihren popeligen Ersparnissen unter den Bankenrettungsschirm“. Na toll!

Was man auch eigentlich gar nicht mehr finden will, sind die Tees, die in zweiter oder dritter Reihe im Teeregal stehen. ICH habe die jedenfalls nicht gekauft. BESTIMMT nicht!!! Erdbeere, Kaminfeuer und Thüringer-9-Kräuter sind gut und akzeptabel. Bei grünem Tee mit Orange-Ingwer-Aroma wird es dann schon kritisch, aber Brennnessel-, Blasen- und Nieren-oder Salbeitee gehen gar nicht. Es ist wirklich mysteriös, wie die dahin gekommen sind. In UNSER Regal. Wir sind nämlich bekennende Kaffeetrinker, gerne auch Instant mit Süßstoff und Kaffeeweißer. Also nichts mit „gesund und natürlich“ und so. Die scheinen wie von selbst dort entstanden zu sein. So, als müssten die Leerstellen der Regale irgendwie gefüllt werden. Zur Not von ihnen selber. Als Nomade reist man mit leichtem Gepäck und hat nicht so viel Krempel. Vielleicht arbeitet das Haus dagegen. Schließlich besagt Omas Spruch nur, dass das Haus nichts verliert. Er schließt aber noch lange nicht aus, dass das Haus nichts hervorbringt. Gruselig, so’n Haus.

Oder sind Omas Sprüche gruselig? Ach nee. Erst mal ein Wasser trinken. Aber nicht aus dem Hahn, davon bekommt man nämlich Läuse in den Bauch.

Montag, 24. Juni 2013

Voll der Tag!

Boah! Wieso ist es eigentlich ein Naturgesetz, dass die längsten Tage des Jahres auch immer die vollsten sind. Wenn ich daran denke, dass das, was ich heute Morgen gemacht habe, erst heute war, könnte ich meinen, es sei jetzt schon morgen. Das hat angefangen mit einem kreischenden Kind Nr.2, das um jeden Preis verhindern wollte, dass ich ein Geburtstagslied singe. Wer jetzt Übles über meine Stimme denkt, irrt. HA! Pure Willkür. Dann: Frühstück mit Schokomuffins zu Viert. Dann zwei von vieren in die professionelle Tagesanimation überführen. Dann entspannen zu Hause. Dann Pizza essen und E-Gitarre kaufen bei "Krasse Gitarren". Dann Abschied feiern in der Kita, dann für die Woche Abschied nehmen von Herrn Zumbrechenflexibel, der, Hochwasser sei Dank, zwei Stunden länger pro Strecke ins Rheinland fährt (für die Volkswirte unter euch vielleicht interessant: er sitzt jeden Monat zwischen 80 und 100 Stunden in öffentlichen Verkehrsmitteln und lässt sich vom BSE des Bahnpersonals via Lautsprecher volllabern). Dann müde Brut ins Nest schaffen, dort füttern, pflegen und mit Geschichten versorgt zur Ruhe betten. Dann selber essen. Das ist neben Alltagsleben, Hausverkaufen, Umzugvorbereiten, Geburtstage und Abschiede feiern bis der Arzt kommt so viel, dass ich ohne meinen virtuellen Kalender gar nicht mehr weiß, wann ich eigentlich gerade bin. 

Da können harmlose Fragen existenzielle Krisen auslösen.

Heute fragt mich eine Freundin ganz harmlos: "Es bleibt doch bei morgen, oder?" Mein Blick gefriert in der Nähe ihrer Nasenwurzel, nur ein paar fliegende Haare verraten irre Spannung. Ich weiss, DASS wir verabredet sind. Aber morgen ist doch mein freier Tag und die Kinder werden von unserer lieben Kinderfrau übernommen. Und ich verabrede mich dann prinzipiell nicht. Was ist denn da bloss wieder los? Ist morgen etwa heute? Sitzt die Kinderfrau zu Hause vor verschlossener Tür und wartet auf die abwesenden Kinder? Oder habe ich die Verabredung auf meinen freien Tag gelegt und muss jetzt absagen, zum zweiten Mal in Folge, weil ich es einfach IMMER verpeile? Ich starre sie immer noch an. "Langsam wird es albern", denke ich, "du musst jetzt etwas von Substanz zu dem Thema sagen." Da fällt es mir ein: "MORGEN?" Jetzt ist es an ihr zu erstarren. "HA", denke ich. Sie: "Ach - morgen ist doch erst Dienstag. Hahaha. Übermorgen!" Ich total cool: "Ja. Genau. Bleibt bei Mittwoch. Haha. Soll ja schlechtes Wetter geben... Müssen wir drin bleiben." 

Es wird Zeit, dass das Gependel aufhört. Da kommt man nicht zur Ruhe und vergisst die simpelsten Sachen. Denn heute habe ich auch - rein vorsorglich, versteht sich - bei den Schulen für Kind Nr.1 angerufen, um den Stand des wilden Karten-durch-die-Republik-schickens zur Anmeldung abzufragen. Wir erinnern uns: Ich hatte zunächst bei der neuen Schule B angerufen und mit Frau Offen telefoniert. Frau Offen von Schule B sagte, eine Anmeldung sei gar kein Problem, ich müsse nur mit einer Geburtsurkunde von Kind Nr.1 und der für Schule A ausgestellten schulärztlichen Bescheinigung vorbei kommen, um eben besagtes Kind Nr.1 bei ihnen anzumelden. Schulärztlicher Dienst winkte sofort ab und verwies mich an Schule A, die mittlerweile im Besitz der Bescheinigung und allein berechtigt sei, die erforderliche Auskunft an Schule B zu geben. Schule A sagte nun aber, dass sie die Auskunft nicht geben könne, bevor Schule B nicht bescheinigt habe, dass Kind Nr.1 bei ihnen angemeldet sei. Also habe ich die Karte von Schule A zu Schule B geschickt mit der Bitte, sie schnellstmöglich unterschrieben und abgestempelt wieder an Schule A zu senden, damit die wiederum die für die Anmeldung erforderlichen Unterlagen an Schule B schicken können. Was ich hören musste, war zutiefst irritierend, wenn nicht gar erschütternd. Überschaubarer Kern obiger Ansage war: Wir melden an, wenn Urkunde und Bescheinigung vorliegen. 

Das war aber ein MISSVERSTÄNDNIS.

Das Telefonat:

"Sekretariat Schule B, Frau Offen, guten Morgen?!" 
"Guten Morgen, Frau Offen. Mein Name ist Frau Zumbrechenflexibel. Wir hatten vor zwei Wochen telefoniert. Wir ziehen im August aus Berlin in Ihre Stadt und wollen unser Kind bei Ihnen anmelden. Sie erinnern sich?" 
"Ja."
"Ähm. Ich wollte also fragen, ob Sie die Karte von Schule A erhalten haben?"
"Ja. Die liegt hier."
"Aha. Sie liegt also noch bei Ihnen?"
"Ja."
"...?"
"Absichtlich."
"Aha."
"Ja. Ihr Mann war ja noch gar nicht hier, um Ihr Kind bei uns anzumelden. Ich kann denen doch nichts bescheinigen, bevor Sie Kind Nr.1 hier nicht angemeldet haben!"

"...?"
"...!!!"
"Aber Sie haben doch gesagt, dass Sie erst die Bescheinigungen von Schule A brauchen, um es bei sich anmelden zu können?" 
"Nää. Ich brauche nur die Geburtsurkunde und Ihren Mann."
"ÄCHT? Nee. Den brauche ich selber. Aber bei der Urkunde bin ich verhandlungsbereit... Haha. War nur Spaß. Sie brauchen also nur die Urkunde?"
Blick zu Herrn Zumbrechenfelxibel, der in der Zwischenzeit seinen Kalender geprüft hat, um festzustellen, dass in dieser Woche keine Chance mehr besteht, die Urkunde vorbeizubringen.
"Ähm - sieht schlecht aus diese Woche."
"Per E-Mail kriege ich das nicht zu Ihnen rüber. Haben Sie Fax?"
"Äh - nein. Leider nicht..."
"Einen Briefkasten haben Sie aber schon?"
"Ja."
"Dann schicke ich Ihnen alles per Post und wir sehen uns in zwei Wochen wie vereinbart in Schule B zur Vorstellung mit den ganzen Sachen."
"Ja. Gut. (verschwörerisch) Können Sie Schule A bitte unseren Plan noch mitteilen? Nur für den Fall. Denn die machen ab Freitag Ferien. Sonst habe ich am 12. August hier Polizei und Jugendamt auf der Matte, die mich einbuchten wollen, weil ich mein Kind der Schulpflicht entziehe... Haha! Wie das immer so ist, nicht?"
"Ja. 'ne E-Mail-Adresse von denen haben Sie nicht zufällig."
"Nein. Nicht im Kopf. Sie stand aber in dem Anschreiben, das..."
"Ah ja. Da isse. Bis in zwei Wochen dann, ne?"


Ja. Gut. Bis in zwei Wochen dann. Dann hätten wir das also auch geklärt.

Happy Birthday!

Die beiden wichtigsten Männer meines Lebens unter 70.
Heute ist der Tag, an dem ein ganz besonderer Mensch geehrt wird: heute, statistisch etwa vor einem halben Menschenalter, ist mein Liebster geschlüpft. Ich möchte allen Menschen, die daran beteiligt waren, ganz, ganz herzlich danken, denn ihr habt mir einen fantastischen Ehemann und unseren Kindern einen wundervollen Vater geschenkt.

Denn - Achtung Mädels, jetzt haltet euch fest und werdet grün vor Neid - er sieht einfach wahnsinnig gut aus, ist jederzeit perfekt gestylt, geschmackvoll gekleidet, witzig, geistreich, warmherzig, kann gut kochen, wunderbar streiten und macht die coolsten Fotos, die man als Berufspendler mit zwei Kindern und anspruchsvoller Ehefrau in seiner Freizeit so machen kann. Außerdem weiß er einfach ALLES. Nee - echt jetzt. Und: Er bügelt seine Hemden selbst.

Boah! Womit habe ICH den eigentlich verdient??? George Clooney geht jedes Mal heulend Heim, wenn die beiden sich sehen.

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Herr Zumbrechenflexibel!

Du bist einfach wunderbar!

Samstag, 22. Juni 2013

Womit uns unsere Kinder schockieren werden. Bis ins Mark!

Womit habt ihr in eurer rebellischen Phase eigentlich eure Eltern schockiert? Denkt mal nach! Was habt ihr gemacht, um die vollständig aus der Fassung zu schrauben. Also nicht nur irgendwie, sondern so, dass sie ihre Gesichtsfarbe verlieren, ihnen nichts mehr einfällt und ihr als Sieger und unbehelligt die Szenerie verlassen konntet? Also ich habe mir zum Beispiel in meine schnittlauchglatten, aschblonden Haare einen Pilzkopf schneiden lassen, den anschließend in Eigenregie Feuermelderrot gefärbt, auftoupiert, mir das Gesicht gekälkt und viiiiel Kajal um die Augen gemalt. Lippen blutrot und ein bisschen über den Rand. Dann habe ich mich ganz schwarz angezogen, böse geguckt und meinem Vater gesagt, dass ich jetzt in die Altstadt gehe, um mich dort mit Freunden zu treffen. Er hat mich mit eben diesem starren Blick der totalen Resignation angesehen, dann noch ein "Naja - DU musst so rumlaufen." rausgekriegt und ich war weg.

Das war die Zeit, in der "The Cure" noch ganz, ganz cool und total abgründig war. Also keinesfalls nostalgisch oder so. Meinen Sieg habe ich dann ausgekostet, indem ich mir auf meinem eiernden Walkman - die Älteren werden sich erinnern - "Lullaby" angehört und mich gefühlt habe wie die Königin der Welt. Ein anderes Mal habe ich mich in ein schwarzes Schlauchkleid gezwängt, das heute als T-Shirt durchgehen würde. Auch gewonnen. Das waren noch Zeiten. Klare Regeln der Provokation: die Eltern etablieren eine Ordnung und setzen Wertmaßstäbe. Die Kinder treten das mit Füßen und freuen sich 'n Ast. So war das. Ganz einfach.

Aber womit werden uns unsere Kinder schocken?

Ich habe keine Idee.

Ich habe da schon oft drüber nachgedacht. Wir haben ihnen irgendwie nix zum Rebellieren übrig gelassen. Wir sind tätowiert, gepierct und manche auch gebrandet - also nicht mit Apple, sondern so richtig. Wir haben auch das eine oder andere Betäubungsmittel ausprobiert, das... Lassen wir das. Jedenfalls sind wir tolerant und lassen alle Meinungen und Gesinnungen als irgendiwe berechtigt so stehen. Wir sind sexuell freizügig und werden bei expliziter Nennung der Geschlechtsorgane nicht mehr rot und stottern doof rum. Äh, also - ja. Was bleibt denen denn da noch?

Aber es gibt Hoffnung.

Mir ist jetzt kürzlich eine Geschichte zugetragen worden, die ECHTES SCHOCKERPOTENZIAL hat.

Und zwar nahm eine Freundin eine Freundin von ihrem Sohn aus dem Kindergarten mit nach Hause. Beide Kinder sind fünf. Die Süße steigt in das ihr unbekannte Auto auf den vorgeschriebenen Kindersitz, bekommt während des Anschnallens ganz große Augen und die kleine Kinnlade fällt ins Bodenlose. Nach einiger Zeit, der Motor läuft schon eine Weile, hat sie sich soweit wieder gefangen und beginnt folgendes Mantra: "Warum ist das denn hier so unordentlich? Wie kommen denn die ganzen Sachen hier rein? Warum liegen die denn hier rum? Warum ist das denn hier so unordentlich?WiekommendenndieganzenSachenhierrein?Warumliegendiedennhierrum?Warumistdasdennhiersounordentlich?..." Meine Freundin starrt in den Rückspiegel und dann wieder auf die Straße. Da fällt ihr nichts zu ein. Mir auch nicht. Ein anderer Freund desselben Kindes glotzt bei Ankunft in die Vorratskammer. "Das ist aber unordentlich da drin. Warum ist das denn so unordentlich?"

Die machen uns mit Ordnung fertig. Das ist unsere Achillesferse. Wer zwischen Job, Kindern, Partner und coolen Freizeitaktivitäten rotiert, hat einfach keine Kapazitäten für den perfekten Haushalt. Und da kriegen sie uns. Unsere Kinder werden Superspießer: Ordnungsfetischisten. Menschen, die ihre Unterhosen bügeln und auf Kante im Schrank stapeln. Sie werden Beige tragen, Seitenscheitel und Hornbrillen. Vielleicht werden sie alle CDU wählen, Opel fahren und Helmut Kohl verehren.

Es wird entsetzlich.

Freitag, 21. Juni 2013

Die Karawane zieht weiter

JETZT blüht sie.MISTDING!
So. Heute sind es noch neun Wochen und zwei Tage bis zum Umzug. Neenee. Ich habe mich nicht verzählt. Jaaajaaajaaa! Ich weiß. Am 5. Juni habe ich schonmal was von zehn Wochen erzählt. RECHNERISCH müssten wir dann jetzt, gute zwei Wochen später, etwa bei "noch acht Wochen" liegen. Das wäre reine Mathematik. Die hhat bekanntlich mit dem Leben nichts zu tun. Meine Rechnung fußt auf Empirie. Denn eigentlich besagte der erste Plan: Mitte August umziehen! Dann kam die Überlegung, dass die neue Hütte ja erst noch hergerichtet werden muss. Klack. Eine Woche weiter. Und dann kamen die Handwerker ins Spiel. Die haben dem Zeitplan den Todesstoß versetzt und die Uhr wieder auf Anfang gedreht.

Also: Ab  jetzt noch zehn Wochen. 

Jetzt ECHT.

Während hier und jetzt der Alltag nach wie vor in seinen gewohnten Bahnen läuft, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass in zehn Wochen alles anders sein wird. Also ALLES. Außer uns natürlich, Familie Zumbrechenflexibel. Wir bleiben uns erhalten, wechseln nur mal wieder das Revier. Nomaden halt: "Du, guck mal, die Weide da hinten, am Fuß der Berge, zu denen man drei Tage durch die Wüste laufen muss, ist viel grüner als hier. Lass uns unsere Zelte abbrechen und dorthin ziehen. Das sieht so toll aus!!" "Aber weißt du auch, ob es da Wasser gibt? Vielleicht leben da giftige Schlangen und bösartige Tiere. Vielleicht ist das Revier besetzt und die Nachbarn vertreiben uns. Oder so. Und dann sitzen wir da und müssen leider verdursten, denn für den Rückweg fehlt uns das Wasser." "Ach Quatsch. Guck mal! Sieht doch so schön aus da. Und am Fuß der Berge gibt es IMMER Wasser." "Ach so?! Na gut. Ich roll dann schonmal den Teppich zusammen und ziehe die Heringe raus..."

Nachdem ich am Dienstag zum ersten Mal in meinem Leben die wertvolle Kulturtechnik des Rasenmähens angewendet habe - wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal in meinem eigenen Garten - und mich mit so widerwärtigen Dingen wie "Vorfälligkeitsentschädigung" herumschlagen muss, spuken mir allerlei Gedanken zu den Themen Sesshaftigkeit und Nomadentum im Kopf rum. Die Nähe zu letzteren empfinde ich dieser Tage extrem, schließlich brechen wir unser Lager alle Nas lang ab, um uns den grünen verlockenden Weiden am Horizont zuzuwenden. Im Vergleich zu dem eher sesshaften Teil unseres Freundeskreises erweist sich diese Lebensweise als wenig nachhaltig und zehrend auf allen möglichen Ebenen. 

Vorneweg die Finanzen. Wer alle drei Jahre umzieht, egal ob innerstädtisch oder über Landesgrenzen  hinweg, investiert Geld, das andere für Anderes ausgeben können. Zum Beispiel für Sachen, die Spaß machen. Umzugskosten summieren sich bei einen Vierpersonenhaushalt im Handumdrehen zu einigen Tausenden. Neben den eigentlichen Kosten der Logistik - Packen, Tragen, Fahren, auspacken - kommt die Instandsetzung und Reinigung der alten (lästig) und der neuen Immobilie (keine Zeit, machen wir später) hinzu. Dann noch Reisekosten, Verdienstausfälle, neue Möbel, Elektrogeräte, Maklerprovisionen. Ich würde jetzt mal so schätzen - grrrroooob natürlich - das sind in jeder Runde etwa 8.000 Euro. Das alle drei Jahre. Dazu kommt noch, das die fehlenden sozialen Netze wie Familie und Freunde zum gemeinschaftlichen Kinderhüten etc. wegfallen und durch Profis ersetzt werden müssen. Das erhöht die laufenden Kosten. 

Mit dem Ausfall der sozialen Netze sind wir auch schon beim nächsten Punkt: Soziale Kontakte müssen ständig neu geknüpft und auf Tragfähigkeit getestet werden. Das ist im fortgeschrittenen Alter - also zwischen 30 und 40 schwer. Neue Freundschaften schließt man dann nicht mehr so ohne Weiteres. Da hinkt auch der Nomadenvergleich. Die ziehen ja in der Sippe von Ort zu Ort. Ihre wichtigsten Peers immer im Schlepptau. Als moderner Neuzeitnomade hat man nur sich selbst im Gepäck und daran schon genug zu schleppen. Die Freundessituation ist also auch eher - hmmm - reduziert.

Dann kommt noch der kostbare Faktor ZEIT. Wir fahrendes Volk haben keine Zeit, weil wir uns ständig neu organisieren müssen. Wo die Leute aus Villarriba schon lange feiern, sind die Mädels aus Villabajo noch damit beschäftigt, den scheiß Dorfplatz zu suchen. Dumme Hühner! Will sagen - es kann schonmal ein Nachmittag dabei draufgehen, einfach mal einen Brief zur Post bringen. Weil man die Post nicht findet und die Öffnungszeiten nicht kennt. Oder die Umgehung der verdammten Verkehrsumleitung über die nächsten drei Kuhkäffer nicht in den Zeitplan einbezogen hat. 

Wir Mobilen zahlen drauf. In punkto Kapital, Freundschaft - mit rühmlichen Ausnahmen, hier sei ausdrücklich Frau Dr. Landei erwähnt - und Zeit. Jobnomaden sind eben keine Nomaden. Noch nicht. Dazu fehlen einfach die sozialen und kulturellen Strukturen. Sie sind entwurzelte Sesshafte, die zugunsten des Jobs das ganze andere Gedöhns hinten anstellen bzw. umorganisieren (müssen). Ob sich das mit Blick aufs Leben wirklich auszahlt, zeigt erst die Abschlussrechnung. Diejenigen, denen diese Lebensform aber schon jetzt nutzt - ich denke hier vorallem an die Arbeitgeber und Umzugsunternehmen - stellen das gerne als Avantgarde der neuen Lebens- und Arbeitswelt dar. Sie jagt von einem tollen Projekt zum nächsten, von Stadt zu Stadt und Land zu Land. Es gibt schicke High-End-WGs, in denen sich die mobilen Leistungsträger der globalisierten Welt monatsweise einmieten können. Ich kann mir nicht helfen, aber das erinnert mich irgendwie mehr an Tagelöhner und Gelegenheitsarbeiter, als an Nomaden.

Mir erscheint das dieser Tage alles ziemlich fad. Ich würde eigentlich noch ganz gerne weiter meinen eigenen Rasen mähen. Und nicht den anderer Leute.

Die Rache des Gunther Tiersch

OK.

1:1

Ich werde in Zukunft nicht mehr über Wetterprognosen lästern.
Ich werde in Zukunft nicht mehr über Wetterprognosen lästern.
Ich werde in Zukunft nicht mehr über Wetterprognosen lästern.
Ich werde in Zukunft nicht mehr über Wetterprognosen lästern.
Ich werde in Zukunft nicht mehr über Wetterprognosen lästern.
Ich werde in Zukunft nicht mehr über Wetterprognosen lästern.

Der Regen hat nämlich unsere elektrischen Jalousien sabotiert. ALLE. Und sie sind unten. ALLE. Wir sitzen im Dunkeln. Und das nur, weil ich den Geräuschpegel des Gewitters senken wollte.

Ich nehme das persönlich.

E C H T

Donnerstag, 20. Juni 2013

Endlich Katastrophe und verheerende Naturgewalt

 in Brunsbüttel.

HA!

"Der Rat der Meteorologen: Leute, bleibt lieber zu Hause!" O-Ton Gunther Tiersch, Super-Meteorologe im Heute-Journal. Und weiter: "Sie sehen auch hier die Blitzeinschläge in der letzten halben Stunde. Sie sehen auch hier eine Gewitterfront (zeigt sehr hochfrequent auf eine lila Wolke über Sachsen). Die kommt von Südwesten nach Nordosten. Da ist richtig noch was los in der kommenden Nacht, von Hagelschlag über Starkregen bis Sturmböen alles dabei." Dabei guckt er leicht irre in die Kamera. Ich erinnere mich, dass ich als Kind auch lange überzeugt war, Regen herbeireden zu können. Bei mir hat sich das dann irgendwann gegeben.

Als weißt du Gunther, wegen deiner blöden UnwetterVORwarnungen jetzt sitze ich hier seit gestern zu Hause, MIT beiden Kindern und erwarte lebensfeindliche Hitze und unmenschliche Unwetter, die mich im Team alle machen, und was kommt? Mücken. Die aber heftig. Trotz Autan. Scheißviehcher. Keine Hitze, die von Sommer verschieden ist. Und bisher auch kein Unwetter. Na doch jetzt ein bisschen. Egal. Ich sitze im Garten und es passiert fast nix. Ich bin enttäuscht. Jetzt hatte ich gedacht, dass ENDLICH mal was Aufregendes passiert, aber nichts dergleichen. Ich bin echt sauer. Weißt du noch, gestern? OZON, HITZE, HAGELSTARKREGENSTURMBÖEN und so? Was ist davon geblieben? Es  R.E.G.N.E.T.

Gott segnet.

Toll, Gunther. Ich gehe jetzt schlafen. In der Gewissheit, dass NICHTS passieren wird, was in irgendeiner Weise erwähnenswert wäre.

Mittwoch, 19. Juni 2013

Scheiße - Gewitter!

Heute und morgen schließe ich mich mit den Kindern ins Haus ein. Ich habe Wasser und Vorräte für mindestens 48 Stunden gebunkert. Wir machen die Jalousien ruter, Strom aus und bewegen uns möglichst wenig. Und schon gar nicht draußen. Denn der deutsche Wetterdienst hat sommerliche Temperaturen angekündigt ("Hitze mit Temperaturen über 35°C, Ozonkonzentrationen von über 240 µg/m³" - was auch immer das heißt) und anschließend Gewitter ("Gewitter mit vielen Blitzen oder Starkregen oder Hagel oder Sturmböen" - ja. Gewitter eben. Sie haben die "bedrohlich dunklen Wolken" und den "möglicherweise grollenden Donner" vergessen).

Das ganze entnehme ich einer Deutschlandkarte des Deutschen Unwetterdienstes, die zu 80 Prozent TIEF ROT eingefärbt ist. Das sieht brandgefährlich aus. So wie eine ECHTE Unwetterwarnung aussehen muss. Was aber eben für unseren Bezirk gesagt wurde, hat es dagegen nur auf dunkelorange gebracht und ist lediglich die UnwetterVORwarnung. Voll läppisch. Worin der Unterschied besteht, ist mir als Laie nicht so recht ersichtlich. Denn die UnwetterVORwarnung besagte ja - wir erinnern uns - "Hitze mit Temperaturen über 35°C, Ozonkonzentrationen von über 240 µg/m³, Gewitter mit vielen Blitzen oder Starkregen oder Hagel oder Sturmböen". Und jetzt - Achtung - kommt die Unwetterwarnung: "Ozonkonzentrationen von über 240 µg/m³, Hitze mit Temperaturen über 35°C, Gewitter mit vielen Blitzen oder Starkregen oder Hagel oder Sturmböen".

Aha.

Was mich als Sprachprofi dabei besonders fasziniert, meinen Geist geradezu aus dem Häuschen scheucht, ist die Meditation darüber, was genau ich mir unter einer UnwetterVORwarnung vorstellen soll. Mal ganz unabhängig von dem Wetter. Denn die "Warnung" an sich ist ja schon definiert als "Vorhersage eines in der Zukunft möglichen Schadens, der aber noch abgewendet oder in seinen Folgen abgeschwächt werden kann." Die Warnung macht auf eine drohende Gefahr aufmerksam und zielt darauf ab, das Verhalten sinnvoll zu ändern. Die VORwarnung muss jetzt ja dieser Vorhersage vorausgehen. Oder die Aufmerksamkeit auf die prinzipielle Möglichkeit einer ernsten Warnung lenken. "Vorsicht Mädels, gleich könnte eine Warnung kommen! Seid also aufmerksam und habt schonmal ein bisschen Angst!" Das wiederum wäre aber schwachsinnig. Ich komm' da nicht mehr mit.

Diese dauernde Katastrophenrhetorik ist irgendwie ermüdend. Leute, es ist Sommer! Da ist es heiß. JA - HEISS. Und danach kracht's dann auch mal. Kein Grund, sich aufzuregen. Meine Oma hat dann immer alle Stecker gezogen und in aller Stille weiter gestrickt. Das konnte die nämlich, meine Oma.

Ach ja - und weil das in diesem Zusammenhang IMMER WIEDER SCHÖN ist:

die Gewitteroma.


Pendeln ist doof

Ich habe heute mal nach den Folgen der "beruflichen Mobilität" geschaut - das meint Menschen, die jobbedingt einen Zweitwohnsitz unterhalten und dabei einen Spagat zwischen zwei Städten und Lebenswirklichkeiten hinlegen. Familie und Freunde in Stadt A, Job in Stadt B. Aktuell leben etwa zwölf Prozent aller Paare in unfreiwilliger Trennung. Diese Lebensweise trifft vorwiegend gut ausgebildete Menschen, die hohe Ansprüche an ihre Arbeit stellen. So weit, so lala. Denn aus eigener Anschauung wissen wir: Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Bin mal gespannt, was die Wissenschaft dazu sagt.

Die zentrale wissenschaftliche Erkenntnis ist bahnbrechend:

"Pendler sind in chronischer Zeitnot."

Die Ursache für diese Zeitnot ist mindestens ebenso verblüffend:
"Wer jede Woche zehn Stunden im Zug sitzt, hat weniger Zeit für Fortbildung, Freizeit oder Freunde."

Hätte ich jetzt nicht gedacht. Da muss ich unbedingt mal Herrn Zumbrechenflexibel zu interviewen, sobald er Donnerstagnacht nach siebenstündiger Zugfahrt hier aufschlägt. Hahaha. Die sind ja witzig. Keine Zeit?! So Fahrten in überfüllten Zügen sind doch Erholung pur. Und so'ne Überraschungsübernachtung auf freier Strecke wegen Elbfluten soll auch schon echte Freundschaften begründet haben. Dazu Wohnverhältnisse in Stadt B, die äußerlich wie die Rückkehr in lustige Studententage aussehen, sich aber unzeitgemäß und unkomfortabel anfühlen: die Nachbarn in der "belebten Innenstadtlage" lassen einen auch nachts an ihren Gedanken zu Partnerschaftsfragen teilhaben und die Mülleute geben sich regelmäßig um fünf Uhr früh ein lautstarkes Stelldichein.

Deswegen kann ich das Menetekel über die "soziale Desintegration" der Supermobilen gar nicht nachvollziehen. OK. Wir engagieren uns weder in Vereinen, in politischen Parteien oder für Freunde - wer braucht denn DIE überhaupt?? Außerdem ruft hier eh niemand mehr an. Und das ist auch gut so. 

Wenigstens eine Erkenntnis ist von Wert:
"Mobilität erzeugt immer Stress"
- Berufspendler werden schneller krank.


*Hust*

Betrifft mich nicht. Herr Zumbrechenflexibel ist ja immer weg, wenn er krank ist.

Dienstag, 18. Juni 2013

Die Grenze der Flexibilität oder erlebte Hysterese

Ich bin ja sowas von flexibel. Ist mein Haupt- und Zunahme. Gestatten, Frau Zumbrechenfexibel. Angenehm! Passt auch total gut in die Zeit. Brauche keinen Plan. Und wenn doch, dann höchstens, um ihn wieder umzuwerfen. Sicherheiten? Pah - nur was für Weicheier! ICH bin so lebendig und kann mich auf ALLES einstellen. Ich gewinne dem sogar noch was Positives ab. Naja - irgendwie.

Aber auch meine Bieg- und Beugsamkeit hat ihre Grenzen. Nämlich wenn sich die Beugung und ständige Neuberechnung der Aktionspläne mit starren Strukturkonstanten überlagert. Dann kommt es zu destruktiven konstruktiven Interferenzen. Heute passiert. Nach dem Geburtstags-Läuse-Kinderentleerungs-Partymarathon der letzten Woche bin ich seit gestern nur noch mit überleben beschäftigt - einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen, dings, naja - und wohl zu ungeschützt in komatische Tiefenentspannung gefallen. Total toll eigentlich: zufrieden mit mir, meinem Organisationstalent und der Fähigkeit, sich auch in chaotischen Zeiten behaupten zu können. Ich habe heute morgen um 5.48 Uhr sogar die Biotonne rausgestellt!!!

Habe ich das wirklich gemacht? Das ist krass! Echt.

Im Kindergarten bin ich dann umso härter mit der Strukturkonstanten kollidiert. "Na, Kind Nr.1 von Familie Zumbrechenflexibel", tönt da der resolute Bass (NEIN, kein ALT. BASS!) einer Erzieherin als Begrüßung durch den Flur, "hast du denn auch deinen Rucksack dabei?" Kind Nr.1: "...?!" Ich "...!!!" Oh nein! Ich habe den Ausflug vergessen! Den seit Wochen geplanten, bezahlten und auch ein bisschen erbettelten Ausflug, weil wir doch nicht da waren, als die verdammte Liste aushing und das Kind doch zu gerne mitgefahren wäre... Und jetzt: Vergessen. Was bin ich bloß für eine Rabenmutter. Verflogen die wahnhafte Selbsteinschätzung, das ganze Chaos brillant zu meistern. Jetzt sehe ich der Realität ins Auge: Nichts habe ich im Griff, noch nichtmal den Proviantrucksack für Kind Nr.1 für den Ausflug ins Sealife. Aber dank Krisenmanagement besser organisierter Mütter, muss mein Kind heute weder hungern, noch verdursten. Ich bin so glücklich.

Die akute Krise ist mal wieder meisterhaft bewältigt, hat aber die Illusion der unbegrenzten Flexibilität empfindlich angekratzt. Die ist nämlich nicht umsonst zu haben.

"Flexibilität ist grundsätzlich die Fähigkeit eines Lebewesens zur Veränderung oder Selbstorganisation, mit der es auf veränderte äußere Umstände reagieren kann." 
So weit, so gut.

"Flexibilität weist auf eine umstellungsfähige und wenig festgefahrene Bindungs- und Verhaltensstruktur hin."
Bin nicht festgefahren. Besitze aber eine Heckenschere. Gibt das jetzt Punktabzug?

"Das Potenzial der Flexibilität liegt begründet in der Erweiterung des Aktionsraums, der die möglichen Handlungsalternativen in einer Entscheidungssituation umfasst, sowie in der Reduzierung der benötigten Zeit, einzelne Strategien und Aktionen umzusetzen und durchzuführen. Der Begriffskomplex ist eng mit dem Begriff „Lernen“ verwandt".
Ja. Habe etwas gelernt: Dauernde Brandbekämpfung, bekämpft Brände. Das gilt auch für erweiterte Aktionsräume. Nachhaltige Lebensführung ist aber irgendwie anders.

In der Physik gibt es einen total tollen Ausdruck für das beschriebene Phänomen. Er nennt sich "Elastizitätsgrenze." Wird die überschritten, schaffen es die Moleküle nach der Entlastung nicht mehr in ihre Ausgangsposition zurück. Dann kommt es zur ELASTISCHEN HYTERESE. Bei der kommt es nach der Entfernung der verformenden Kräfte zu einer dauerhaften Auslenkung des Materials.

Stimmt. Um das zu bestätigen, brauche ich heute nur in den Spiegel zu gucken.

Montag, 17. Juni 2013

Bernd das Brot - oder die eiserne Faust des Laissez-faire

Ja. Jaja. JAAAAAAHAA! Ich gebe es ja schon zu. Ich lasse meine Kinder abends fernsehen. Zur Entspannung. Also zu MEINER Entspannung. Total egoistisch und unverantwortlich. Und zwar keine ausgesuchten DVDs mit höchstens fünf Minuten Länge. Geguckt wird was KIKA gerade so hergibt. Vollkommen ungefiltert. Es gibt auch keine Absprachen über erlaubte Fernsehzeiten. Ich halte das ganz absolutistisch: "La loi, c'est moi." Ich bestimme ganz nach Tagesform, wann der Fernseher angeht. Also der Tagesform von uns allen. Auf keinen Fall vor sechs. Nur in seltenen, sehr gut zu begründenden Ausnahmen wird diese einzige Regel gebrochen.

Wir alle warten also ab fünf sehnlichst darauf, dass es endlich sechs wird. Und wir uns nicht mehr um jeden Klotz/Dino/Stift streiten müssen. Kind Nr.1 hat nur aus diesem Anlass gelernt, die Uhr zu lesen. Wenn es also endlich sechs Uhr ist, rennen wir alle zusammen zur Couch, machen es uns bequem und lassen uns von den bunten Bildern berieseln, bis es endlich Zeit ist, ins Bett zu gehen. Da machen wir dann wieder alles ganz brav genau wie es sein soll: duschen, Zähne putzen, windeln, Schlafkleidung anlegen und dann kommt eine Gute-Nacht-Geschichte aus dem unerschöpflichen Schatz der Gebrüder Grimm. Dann wird noch gekuschelt und wenn kein Ärmchen mehr zuckt, schleiche ich mich aus dem Zimmer, um meinen eigenen wohlverdienten Feierabend einzuläuten. Eine Kleinigkeit essen, den gröbsten Unrat wegräumen, dann ab auf die Couch und den Fernseher an.

Und dann ist ER da -  bildfüllend, unglaublich laut und so blöd, dass es an geistigen Missbrauch grenzt - Bernd das Brot. Die Dauersendung nach Sendeschluss. Die Hölle für alle Eltern, die ihre unschuldigen Kinder völlig verantwortungslos abendlichem Medienterror aussetzen. Ich bekenne mich schuldig und bin bußfertig, aber es hilft nichts. Ich komme um die Logorhö dieses Kastenweißbrots nicht herum. Wenn ich nach neun die Glotze anschalte, werde ich von Bernd angebrüllt. Es ist schrecklich. Ich muss etwas ändern. Noch heute. Es tut mir leid für meine armen Kinder, die jetzt die Zeche für mein löchriges Nervenkostüm zahlen müssen. Sie werden künftig als tägliche Schlussendung heute Nachrichten gucken. Was sie dort sehen müssen, wird sie zutiefst verstören und vielleicht sogar Alpträume verursachen. Aber ich bin machtlos. Und ich werde mich nicht weiter von einem animierten Brot anschreien lassen.

ICH NICHT!

Sonntag, 16. Juni 2013

Mal was für'n Arsch

Ich will meinen beruflichen Kontakt mit der Werbebranche gar nicht leugnen, aber liebe Kollegen, was habt ihr euch hierbei eigentlich gedacht??? Jajajaja. Weiß schon. Nicht Ihr. Kunde wollte - nein: BRAUCHTE - das. Aber wer außer ihm braucht sowas denn noch? 4-lagiges Klopapier in Apricot mit Safari-Motiven. Toll. Schon das Ding an sich ist ein Knaller. Gut. Wenn ich meinen Kurzen dafür begeistern will, seine Geschäfte nicht mehr in der Hocke und in den Pampers, sondern in mitteleuropäischem Standard auf der Normtoilette zu tätigen, kann ich es damit versuchen. "Guckmal, Süßer, wenn du mal wie ein echter großer Junge aufs Klo gehst, kommt hinterher auch die Aprikosengiraffe und macht dir den Popo sauber!" Und selbst bei diesem Szenario wäre die Begeisterung vermutlich eher verhalten.
"N. E. I. N.!!! Will keine Giraffe. Will einen Fleischfresser (Thyrannosaurus Anm. d. Red.)."

Also: WER BRAUCHT DAS? Man muss da echt mal drüber meditieren. Die volle Werbeaussage oben rechts heißt "Unglaublich weich und tierisch aufregend." Das regt die Phantasie an. Mir kommen da aber sofort Bilder in den Kopf, die ich da gar nicht haben will. Zum Beispiel meine Vorstellung von Leuten, deren Leben durch weiches Scheißpapier mit Giraffen drauf irgendwie aufregender wird. ERWACHSENE LEUTE, die frei rumlaufen. Vielleicht bin ich ja zu naiv oder sonst irgendwie nicht ganz auf der Höhe der Zeit - aber was kann man mit weichem Giraffenklopapier machen, was den Puls in Wallung bringt? Was ist das Versprechen dieser Werbung? Nein. Ich will das gar nicht wirklich wissen. Zumal da ja auch tiere im Spiel sind.

Freiheit und Abenteuer. Also wenn meine Oma das auf'm Häusel haben wollte, hat sie sich den Reiseteil der Zeitung mit genommen. Da war sogar noch richtig Abwechslung drin. Und vier Lagen hatte die auch. Mindestens. Gut. "Unglaublich weich" ist da wahrscheinlich hinten runter gefallen. Aber man nutzt das ja in der Regel auch nicht in aufreibender Intensität. Oder Dauer. Sollte man aber auch heute nicht.Denn die Safari Edition gibt es nur in limitierter Auflage. HaHa. Vielleicht auch noch handsigniert? Ich bin gespannt, was die sich noch so ausdenken.

Samstag, 15. Juni 2013

Fertig zum Entern!

Mädels sind echt ganze Kerle. Vor nix fies. Ehrlich! Greifen ohne mit der Wimper zu zucken bis zu den Ellebogen in 4 Liter eiskalten Glibber - beidhändig versteht sich - rühren darin herum, um am Boden der Schüssel den letzten Hinweis auf den Schatz zu greifen. Vorher haben sie mit Begeisterung armlos Gummibärchen aus Mehlgebirgen gefressen und fast schon gelangweilt Wörter wie Wrunklikatschung-Wurstipallimm oder
Hatschisapi-Lumimatschumi nachgesprochen. So ganz nebenbei. Wenn die wüssten, wie lange ich gebraucht habe, um mir die auszudenken. Keinen Respekt haben die Gören. Echt nicht. Vor allem nicht vor der Planung der Eltern. Da haben wir uns wochenlang NÄCHTE um die Ohren geschlagen, um einen großartigen Piratennachmittag minutiös zu gestalten - so mit Picknick, Schatztruhe bauen, den Schatz suchen, dabei bei total tollen Spielen Spielmünzen zu gewinnen und am Ende gegen Dinge von echtem Wert wie Blechringe und Zungenmalerlutscher einzutauschen und was machen die da draus??? 

Die geben Gas: Fünf Minuten Picknick, dann Geschenke auspacken, dann die Schatzsuche auf eine halbe Stunde stauchen,  dann aufs Trampolin. Alle sechs. Und nach einer Stunde Power-hüpfen nur eine Leichtverletzte. Wenn das dann doof ist: Neues Spiel erfinden: Mit dem Gartenschlauch Eimer befüllen und das Wasser aufs Trampolin schütten. Kubikmeterweise. Aufgabe: imitiert die Elbflut hier bei uns im Märkischen Sand. HaHa. Ich mach mir solange 'nen Kaffee. Nee: gleich zwei. Und schiebe gemütlich die Mini-Pizzas in den Ofen. Denn die Piraten-Ladys verhalten sich wie Raupen: vertilgen zu sechst fünf Pakete Piccolini. Da fällt mir echt nix mehr zu ein. Obwohl - bei einer meiner Partys haben wir zu acht vier Kilo Rindfleisch beim Fondue geschafft. 

Ach so. Eine Person wurde hier noch gar nicht erwähnt. Ist aber wichtig und den ganzen Tag OHNE MITTAGSSCHLAF super als Leichtmatrose mitgelaufen. Kind Nr.2. Echt toll gemacht!

Fazit für Schnellleser:
  1. Mädels sind echte Kerle, wenn es ums Suchen, Finden, Ergreifen und Behalten geht.
  2. Beim Essen sind sie auch ganz weit vorne.
  3. Wechselwäsche ist beim 6. Geburtstag ziemlich wichtig, wenn spontan aktuelle Ereignisse aus den Medien nachgestellt werden.
  4. Planung ist nur für die Eltern wichtig. Die haben dann weniger Angst.
  5. Pappteller sind ökologisch verwerflich, machen das Aufräumen aber echt geschmeidig.
  6. Cola Zero kommt besser an als Apfelschorle und Wasser.