Donnerstag, 13. Februar 2014

"Letzte Ziele" - mit dem Navi zur Beerdigung

up, up and away!
Dreimal die Hacken zusammenschlagen und was dann?
Kennt ihr diese Tage, die so vollgestopft sind mit dringenden Erledigungen und akuten Handlungsforderungen des prallen Lebens - Deadlines, Korrespondenz mit dem Finanzamt, Rechnungen, verbindliche Abholzeiten im Kindergarten und im Hort, beidseitige Mittelohrentzündung bei Nr.2, leerer Kühlschrank, voller Wäschepuff, leerer Tank, volle Spülmaschine, die nächste Mitteilung auf Facebook, um nur die absolut wichtigsten zu nennen. Da könnte man auf die Idee kommen, das ginge einfach immer so weiter. Wenn man Zeit hätte, auf Ideen zu kommen. Die hat man aber nicht. Stattdessen stellt man am Abend immer vollkommen überrascht fest, dass der Tag schon wieder vorbei ist, obwohl man doch gerade erst aufgestanden ist. Oberdrein ist auch schon wieder Freitag, dabei hat man doch eben erst das Sonntagsfrühstück abgeräumt. Dazwischen - was war nochmal dazwischen? Vergessen. War auch nicht wichtig. Der Kaldender behauptet, es sei schon Mitte Februar. Dabei war doch letzte Woche erst Weihnachten. WAS? Auch schon sieben Wochen her? Krass! Und bald sechs Monate im Rheinland? Oh Gott! Dann ziehen wir ja in zweieinhalb Jahren schon wieder um! Höchste Zeit, schonmal auszumisten.

Das Leben ist kurz und unruhig. Es reißt einen einfach mit sich und man muss verdammt aufpassen, die ganzen Felsen zu umpaddeln und in den Untiefen nicht abzusaufen. Voll und ganz damit beschäftigt, den Kopf oben zu halten, oder? Mir geht das so. Stunde für Stunde, Tag für Tag. Ich jage immer von einem akuten Aktionsfeld zum nächsten. Irgendwas ist ja immer.

Und dann gibt es diese Tage, in denen der Tod einbricht. Der sorgt ein für alle Mal für Ruhe. Im Kopf, im Terminkalender und verrückt die Prioritäten. Gestern war so ein Tag. Es war der erste Todestag meines lieben Schwagers, der letztes Jahr vollkommen unerwartet und auf tragische Weise gestorben ist. Das erste Jahr seiner Ewigkeit ging für uns unfassbar schnell rum. Und der Verlust ist noch immer so schrecklich schmerzhaft. Aber als ob das nicht genügte, findet an diesem Tag auch noch die Beerdigung eines Kommilitonen statt. Seine Partnerin ist eine Freundin aus Kindertagen. Wir kennen uns seit 1981, hatten uns 12 Jahre nicht gesehen und dann gestern wieder. 

Was war gerade nochmal so wichtig? Warte mal! Ich hab's gleich... Hmmm. Mist! Komme nicht mehr drauf. Bei soviel Vergänglichkeit von Zeit und Leben relativiert sich doch einiges. Wer sagt eigentlich, dass alles immer so weitergeht? Was, wenn nicht? Wo sind die Gewissheiten? Argh! Sie sind WEG!

In diesem seltsamen Zustand steige ich wieder ins Auto, stelle das Navi an, damit wenigstens einer von uns weiß, wo es lang geht. Ich schaue ins Menü:

"Adresse eingeben"

ok

"Letzte Ziele?"

Wie jetzt? Hatte ich bei tomtom etwa die Eschatologie-Version erwischt? "Final Destination - Letzte Dinge sicher finden!" Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Naja - wo wir schon dabei sind: Was sind eigentlich MEINE letzten Ziele? Die Frage lässt sich nur vom Ende aus beantworten. Am Ende will ich so wenig falsche Entscheidungen wie möglich getroffen haben. Ich will mich den richtigen Menschen zugewendet haben. Und ich will keine Zeit für sinnlose Sachen vergeudet haben (alles klar, MORGEN lösche ich meinen Facebookaccount. VERSPROCHEN). 

Dann wäre das also geklärt. Navis können einem aber manchmal auch Fragen stellen...