Sonntag, 22. September 2013

Kinder, wie die Zeit vergeht!

Geschafft! Das erste Klassentreffen nach 20 Jahren. Meinem Vater fiel vor zwei Tagen fast das Glas aus der Hand "Was? SO lange ist das schon her?" "Ja. Papa. SO lange." Die Zeit vergeht, ist vergangen, soviel steht fest. Und im Nachhinein ist das irgendwie schneller passiert, als man so denkt oder als man das gerne hätte. Andererseits - wenn ich überlege, was in der Zeit alles gewesen ist, passt es wieder. War nämlich ganz schön viel los, in den letzten zwanzig Jahren (zehn Umzüge, zum Beispiel). Und wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass mir als deutscher Durchschnittsfrau statistisch noch etwa zweimal dieselbe Zeitspanne bleibt, ist das doch gar nicht schlecht. Sollte nicht noch was dazwischen kommen, aber das werde ich ja dann sehen. Oder eben auch nicht.

Aufregend war's auf jeden Fall. Allem voran der Blick in den Kleiderschrank. Man will sich ja dann doch irgendwie von seiner besten Seite zeigen, modisch voll auf der Höhe der Zeit sein. Dazu äußerlich noch in höchster Blüte stehen und innerlich schon mit den ersten Früchten der Altersweisheit gesegnet, kurz: ein vollkommener Mensch. Anziehend, witzig, entspannt, tadellos, was man auf dem Höhepunkt des Lebens eben so sein will. Toller Plan. Leider direkt vom Kleiderschrank sabotiert. DER sagte nämlich: "Schätzchen, du bist modisch irgendwo Ende der 90er stehen geblieben, hast dir in den vergangenen Jahren nur bügelfreie Funktionskleidung gekauft und selbst die ist mittlerweile schäbig, bekleckert oder weg. Sieh es ein, weine ein bisschen und geh' in Sack und Asche." HA! Da hat er die Rechnung aber ohne die gute Fee gemacht. Die hat nämlich mit neuen Jeans und Schuhen ein bisschen nachgeholfen. "Um die Bluse musst du dich aber selber kümmern, Schätzchen." "Alles klar. Habe ich. Zu Hause. Aber nenn mich nicht "Schätzchen", Alte!"

Ich also wieder nach Hause und habe da eine dreiviertel Stunde nach der scheiß Bluse gesucht. Gefunden habe ich sie schließlich auf dem Grund einer leeren Pampers-Kiste, kellerfeucht und total zerknittert. Aber sauber. Toll. Leider war dann das Bügeleisen weg. Herr Zumbrechenflexibel hat es über das Wochenende mit nach Nordhessen genommen. Die Kinder auch. Letzeres ist praktisch. Das mit dem Bügeleisen eher doof. Tatsächlich habe ich dann noch in meinem Kleiderschrank eine andere weiße, gebügelte UND gestärkte Bluse gefunden. Wie die da rein kommt - keine Ahnung.

Der letzte Blick in den Spiegel stellt einigermaßen zufrieden: modisch in der Zeit, innerlich gereift, also offensichtlich mit Gewinn gelebt und weiterentwickelt, dabei kaum gealtert - oderOderO.D.E.R.? Und dann kommt er, DER SATZ, der alle diese Bemühungen vereitelt, vernichtet und einen brutal wieder auf den Boden der Tatsachen holt: "Mensch, du hast dich ja gar nicht verändert!" Arrrgh! Dann hätte ich auch den Schrott aus dem Schrank anziehen und mit Dauerwelle in "schwarze Kirsche" und Chucks gehen können. OK. Ich sehe also in den Klamotten von heute noch so aus wie damals. Eigentlich doch nicht so schlecht. Ziemlich gut sogar. Oder? Ja. Puh! Hätte schlimmer kommen können. Zum Beispiel: "Ach du Scheiße! Wie siehst DU denn aus???" Oder "Äh. Hallo. Hmmm. Hilf mir mal - wer bist du nochmal?"  Oder "Entschuldigung - der Tanztee für rüstige Senioren ist nebenan."

Äußerlich unbeschadet durch 20 Jahre gegangen zu sein, ist ein Erfolg. Vor 500 Jahren wäre ich in diesem Alter mit großer Wahrscheinlichkeit schon tot, hätte keine Zähne mehr, dafür aber etwa 20 Kinder, von denen nur wenige das sechste Lebensjahr erreicht hätten. Ich will also gar nicht meckern. Die anderen haben übrigens auch keinen Grund zu meckern, denn die haben sich auch alle gar nicht verändert. Cool, oder? Dass man heute mit knapp 40 der jugendlichen Ausgabe seiner selbst so ähnlich sieht.

Davon mal ab: wovor ich wirklich ein bisschen Schiss hatte, waren ein paar alte Geschichten. Die wirklich sehr lustig sind, wenn man nicht gerade selber die Hauptperson ist. Ich hatte fest damit gerechnet, die schon am Eingang in treffenden Schlagworten entgegengeschleudert zu bekommen. Sie kamen aber nicht, denn man hatte sie vergessen. Einfach so. Die Zeit macht doch einen recht guten Job. Letztendlich habe ich die sehr spät abends selber nochmal erzählt. Denn ich bin ja innerlich gereift und stehe jetzt sowas von über den Dingen. Die richtig peinlichen Details habe ich aber weggelassen. Bin ja nicht doof! Die hebe ich mir für das 40-jährige Klassentreffen auf. 

2 Kommentare:

  1. ;-)
    Bei mir steht das 20-jährige Klassentreffen diesen Samstag an ...
    Mal schauen ob wir uns auch alle kaum verändert haben und die Zeit ich Sachen alte Geschichten auch bei mir einen guten Job gemacht hat *lach*
    Viele Grüße aus dem Markgräflerland

    AntwortenLöschen
  2. :-) Uoh! Na dann - viel Spaß. Bin gespannt auf einen Bericht...

    AntwortenLöschen