Sonntag, 4. August 2013

Endspurt!

Die Berliner Tage sind gezählt. Es sind noch genau 21.
Das Ende ist in Sicht. Die wöchentliche Pendelei wird in drei Wochen Geschichte sein. Drei Wochen nach 45. Müsste eigentlich ein Klacks sein. Denkt man so. Tatsächlich aber entpuppt sich der letzte Rest der Strecke als die größte Quälerei. Das ist wie beim Marathon: die ersten 40 Kilometer fühlt man sich wie ein junger Gott, dann kommt der Leistungsknick und die Zielgerade ist die Hölle. Nicht, dass ich jemals Marathon gelaufen wäre oder es irgendwie in Betracht ziehen würde, aber wäre dem so, stellte ich mir die letzten paar hundert Meter genauso vor. Endlos. Jeder Schritt so anstrengend wie die tausend davor. Oder man hat Krieg und Frieden hinter sich gebracht, kennt die drei Millionen Personen und muss nur noch 30 Seiten lesen, um die Buchdeckel für immer zusammenklappen zu dürfen. Für den Abspann braucht man gefühlt Wochen. Nicht zuletzt, weil man schon seit Wochen nur noch mit diesem einen Satz angesprochen wird:
"Ach! Ihr seid ja noch da?"
"Äh - ja."
"Haha, ich hatte gedacht, ihr seid schon weg."
"Nee. Sind wir nicht. Erst Ende August."
"Aha. Na dann: Viel Spaß noch."
"Ja. Danke. Warte mal! Womit eigentlich???"

Eine schöne Variante desselben Themas:
"Ach! Ihr seid ja noch da?"
"Ja. Wir ziehen erst Ende August um."
"Achja! Wieso denn das? Ist da denn was schiefgegangen?"
"Nee - läuft alles nach Plan. Wieso?"
"Naja - warum dauert das dann so lange?"
"??"

Egal. Für alle die, die es nicht erwarten können: Wir sind ja bald weg. Habt nur ein bisschen Geduld. Die wichtigen Dinge sind eingetütet. Alles läuft wie am Schnürchen. Was jetzt kommt, sind nur noch Lappalien. Noch genau zehn Tage als Transnationsfamilie. Ich kann das gar nicht fassen.

Zur Feier des Tages habe ich heute - in fast pathetischer Stimmung - zum LETZTEN MAL die Altpapiertonne mit Kubikmetern säuberlich gestapelter Zeit beschickt (manche Dinge ändern sich eben nie. Zeit-Stapel sind eine Kulturkonstante) und sie ganz bewusst die komplette, endlos lange Einfahrt bis zur Straße gerollt. Komischerweise war unsere Tonne dann die Einzige, die da stand. Sofort standen sie Spalier - die Selbstzweifel. Selbst bei der letzten Fuhre vor dem Abflug ist es mir nicht klar, wann genau die Entsorger anrollen. Heute IST doch der erste Montag nach dem Monatsersten, oder? ODER? Ist doch??? Ja. Dann müsste doch die ganze Straße mit Papiertonnen vollgestellt sein. Ist sie aber nicht. Unsere steht als stolzer Solitär vor dem Tor und ich höre schon wieder die Nachbarn feixen. "HAHA - guck mal! Die hat schon wieder die Tonne falsch rausgestellt! HAHA!" Ich RAFF' DAS EINFACH NICHT, wann die hier kommen. Da kann man schon mal an seinem Verstand zweifeln. Wahrscheinlich ist mit meinem Verstand aber alles völlig in Ordnung. Ich bin einfach nur Opfer eines Komplotts. Die stecken doch alle unter einer Decke, um mich in den Wahnsinn zu treiben. So isses nämlich. Zeit, zu gehen.

Die Tonne bleibt aber, wo sie ist. HA! Mir doch egal. Sollen sich doch die Nachbesitzer drum kümmern. Blöde Tonne!

So. Der habe ich es jetzt aber gezeigt.

Nachdem das geklärt ist, geht es jetzt wieder auf die Transitstrecke. Auf nach Westen! Wenn noch nicht faktisch, dann doch schon mal mental. In den nächsten drei Wochen werden die Abschiedsbesuche angegangen. Nummer eins ist morgen dran. Der Kinderarzt. DER wird sich freuen. Und ich erst.

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