Mittwoch, 17. Juli 2013

Warum nicht mal gepflegt scheitern?

Zwei Männer am See mit Schwan. So hätte das noch ewig
weitergehen können. Naja. Der Schwan wäre dann wohl
irgendwann gegangen.

Genau heute in sechs Wochen wird unser Habe verladen und auf dem Weg ins Rheinland sein. Und wir auch. In wenigen Tagen wird auch unser Haus notariell den Eigentümer wechseln. Am Tag unserer Abreise werden wir zwei Jahre, zehn Monate und elf Tage in den eigenen vier Wänden gewohnt haben. Das Pendel schwingt zurück. Und wir mir ihm. Glücklicherweise gibt es die A2 schon, die macht die Reise angenehmer. Wir werden wieder alle zusammen sein, die Pendelei hat ein Ende und alles ist schick. Ab in die Heimat. Das Haus wird auch größer sein als jetzt und der Garten hat sogar eine heizbare Blockhütte. Kinder gut untergebracht. Was könnte schöner sein?


Trotzdem schwingt in allem eine Saite mit, die die Stimmung trübt. Möglicherweise liegt es an den entsetzten Gesichtern der anderen Eltern im Kindergarten, wenn sie mich sehen. Als wären wir eine gespenstische Erscheinung. Tauchen wir auf, kommt erst ein „Huch!“ und dann die unweigerliche Frage „Ihr seid ja noch da…?!“ „Ja. Stimmt. Tschuldigung. Aber nicht mehr lange.“ „Aha. Wann ist es denn soweit?“ „In knapp sechs Wochen.“ 

Irgendwie komme ich mir dabei wieder vor wie eine Schwangere kurz vor der Niederkunft, der alle Leute alle möglichen Fragen stellen, um ihre Anteilnahme zu zeigen. Nur die eine wirklich interessante und entscheidende Frage verkneifen sie sich - bei der Schwangeren und bei mir:
„Und? Schon Schiss? Ich meine: So richtig?“
„JA.“
„Aber warum denn? Ist doch dann alles schick. Und die ewige Pendelei fällt weg.“
„Jaja. Schon. Aber…“
„Und ihr kommt ja auch in bekanntes Terrain. Du hast ja auch Familie da - oder?“
„Ja. Stimmt. Andererseits war Tegel auch…“
„Und das Rheinland ist ja auch SO VIELFÄLTIG! Zurück in die Heimat - hmmm?!“
„Ja. Doch. Stimmt. Ganz toll. Ich freu mich auch. ECHT!“

Tatsache ist, dass es sich gruselig anfühlt, von allen nur noch auf das baldige Ableben die Abreise angesprochen zu werden. Dabei sind wir ja noch ein paar Wochen da. Und das Haus gehört noch uns. Auch wenn es nur noch für absehbare Zeit so ist. 

Tatsache ist aber auch, dass der Plan, hier zu bleiben und dem ewigen Hin- und Her ein Ende zu bereiten, gescheitert ist. JA-WOLL:

G. E. S. C. H. E. I. T. E. R. T.

„Äääääächt??? Och neeeee. So würde ich das aber nicht sehen.“ Doch. Wir wollten nicht weg, müssen aber, weil alles andere doof ist - siehe Pendeln in Zahlen - nervt und wertvolle Lebenszeit kostet, die wir nicht zu verschenken haben. Es ist eine Entscheidung aus Vernunft. Finanziellem und emotionalem Kalkül. Keine Lustpartie. Unsere Rechnung, uns hier einzuwurzeln, ist nicht aufgegangen. Der Plan, zu bleiben damit gescheitert. Ganz einfach. Aber dieses Wort will irgendwie keiner stehen lassen. Ist hässlich, total uncool. Wenn man nur richtig will, dann geht alles. Wenn das nicht klappt, wollte man nur nicht richtig. Selber Schuld! 

Ist das so? Kann man nur scheitern, wenn man’s selbst verbockt hat? Ich weiß es nicht. In der Seefahrt jedenfalls scheitert ein Schiff, wenn es bei einem Unfall zerschellt, also “in Trümmern auseinanderbricht“ - im Unterschied zum schadlosen „Stranden“. OK. Das ändert natürlich alles. Zerbrechen werden wir auf keinen Fall. Und unser Kram auch nicht. Dann vielleicht doch eher stranden. Das hört sich gut an. Sogar sehr gut. Nach Palmen, Kokosnüssen und verdammt gutem Wetter. 

So gesehen - irgendwie freue ich mich doch schon.

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