Samstag, 22. Juni 2013

Womit uns unsere Kinder schockieren werden. Bis ins Mark!

Womit habt ihr in eurer rebellischen Phase eigentlich eure Eltern schockiert? Denkt mal nach! Was habt ihr gemacht, um die vollständig aus der Fassung zu schrauben. Also nicht nur irgendwie, sondern so, dass sie ihre Gesichtsfarbe verlieren, ihnen nichts mehr einfällt und ihr als Sieger und unbehelligt die Szenerie verlassen konntet? Also ich habe mir zum Beispiel in meine schnittlauchglatten, aschblonden Haare einen Pilzkopf schneiden lassen, den anschließend in Eigenregie Feuermelderrot gefärbt, auftoupiert, mir das Gesicht gekälkt und viiiiel Kajal um die Augen gemalt. Lippen blutrot und ein bisschen über den Rand. Dann habe ich mich ganz schwarz angezogen, böse geguckt und meinem Vater gesagt, dass ich jetzt in die Altstadt gehe, um mich dort mit Freunden zu treffen. Er hat mich mit eben diesem starren Blick der totalen Resignation angesehen, dann noch ein "Naja - DU musst so rumlaufen." rausgekriegt und ich war weg.

Das war die Zeit, in der "The Cure" noch ganz, ganz cool und total abgründig war. Also keinesfalls nostalgisch oder so. Meinen Sieg habe ich dann ausgekostet, indem ich mir auf meinem eiernden Walkman - die Älteren werden sich erinnern - "Lullaby" angehört und mich gefühlt habe wie die Königin der Welt. Ein anderes Mal habe ich mich in ein schwarzes Schlauchkleid gezwängt, das heute als T-Shirt durchgehen würde. Auch gewonnen. Das waren noch Zeiten. Klare Regeln der Provokation: die Eltern etablieren eine Ordnung und setzen Wertmaßstäbe. Die Kinder treten das mit Füßen und freuen sich 'n Ast. So war das. Ganz einfach.

Aber womit werden uns unsere Kinder schocken?

Ich habe keine Idee.

Ich habe da schon oft drüber nachgedacht. Wir haben ihnen irgendwie nix zum Rebellieren übrig gelassen. Wir sind tätowiert, gepierct und manche auch gebrandet - also nicht mit Apple, sondern so richtig. Wir haben auch das eine oder andere Betäubungsmittel ausprobiert, das... Lassen wir das. Jedenfalls sind wir tolerant und lassen alle Meinungen und Gesinnungen als irgendiwe berechtigt so stehen. Wir sind sexuell freizügig und werden bei expliziter Nennung der Geschlechtsorgane nicht mehr rot und stottern doof rum. Äh, also - ja. Was bleibt denen denn da noch?

Aber es gibt Hoffnung.

Mir ist jetzt kürzlich eine Geschichte zugetragen worden, die ECHTES SCHOCKERPOTENZIAL hat.

Und zwar nahm eine Freundin eine Freundin von ihrem Sohn aus dem Kindergarten mit nach Hause. Beide Kinder sind fünf. Die Süße steigt in das ihr unbekannte Auto auf den vorgeschriebenen Kindersitz, bekommt während des Anschnallens ganz große Augen und die kleine Kinnlade fällt ins Bodenlose. Nach einiger Zeit, der Motor läuft schon eine Weile, hat sie sich soweit wieder gefangen und beginnt folgendes Mantra: "Warum ist das denn hier so unordentlich? Wie kommen denn die ganzen Sachen hier rein? Warum liegen die denn hier rum? Warum ist das denn hier so unordentlich?WiekommendenndieganzenSachenhierrein?Warumliegendiedennhierrum?Warumistdasdennhiersounordentlich?..." Meine Freundin starrt in den Rückspiegel und dann wieder auf die Straße. Da fällt ihr nichts zu ein. Mir auch nicht. Ein anderer Freund desselben Kindes glotzt bei Ankunft in die Vorratskammer. "Das ist aber unordentlich da drin. Warum ist das denn so unordentlich?"

Die machen uns mit Ordnung fertig. Das ist unsere Achillesferse. Wer zwischen Job, Kindern, Partner und coolen Freizeitaktivitäten rotiert, hat einfach keine Kapazitäten für den perfekten Haushalt. Und da kriegen sie uns. Unsere Kinder werden Superspießer: Ordnungsfetischisten. Menschen, die ihre Unterhosen bügeln und auf Kante im Schrank stapeln. Sie werden Beige tragen, Seitenscheitel und Hornbrillen. Vielleicht werden sie alle CDU wählen, Opel fahren und Helmut Kohl verehren.

Es wird entsetzlich.

1 Kommentar:

  1. Es wird nicht nur entsetzlich werden; auch der Preis, den wir zahlen müssen, um die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, ist hoch: immer für konstantes Chaos und Unordnung sorgen, damit Rebellion an dieser Stelle auch wirklich attraktiv wird B-)

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